Heute möchte mir S. noch einmal verständlich machen, warum diese Therapie genau am Kern des „Problems“ ansetzt, so anders arbeitet als andere Therapien und besonders warum sie wirklich helfen kann. Wir haben zwei Arten von Bewusstsein, mit denen wir arbeiten und denken: Zum einen gibt es das Bewusstsein, welches rational, vernünftig und klug reagieren kann. Hier geht es nicht um Gefühle sondern um Logik. Man kann es auch das Erwachsenen Bewusstsein nennen.
Dann haben wir das Unterbewusstsein, dies besteht aus hochkommenden Gefühlen und Empfindungen. Es ist eher irrational und durch Emotionen geprägt, wie ein Kinder Bewusstsein.
Alles, was wir wahrnehmen, nehmen wir zwar real wahr, weil es uns wirklich passiert, doch durch unsere Erfahrungen, die wir schon vorher gemacht haben, interpretieren wir diese Wahrnehmung entweder positiv oder negativ und gegen uns gerichtet. Wenn z.B. ein gesunder Mensch durch ein Einkaufszentrum geht und von anderen Menschen normal angeschaut wird, nimmt er dies zwar wahr, speichert es aber als neutral ab, da es alltäglich ist, dass man ohne Wertung angeschaut wird. Wir alle schauen in die Gesichter von anderen Menschen, wenn sie uns entgegen kommen (außer wenn wir auf den Boden starren).
Wenn jedoch ein essgestörter Mensch angeschaut wird, nimmt er dies als gegen sich gerichtet wahr. Sofort werden ihm solche Gedanken wie: „Oh je, alle schauen mich an. Ich sehe aber auch furchtbar aus. Sie werden alle denken, wie hässlich und unansehlich ich bin.“, in den Kopf schießen. Eine normale Begebenheit wird von ihm negativ bewertet weil er selber sich so sieht und subjektiv die Bestätigung von außen bekommt oder auch nur glaubt, sie zu bekommen.
Für ihn ist es eine Tatsache, dass niemand ihn mag, er nicht gut genug ist und nicht liebenswert sein kann. Diese Überzeugung ist für ihn so wahr, wie es eine Tatsache ist, dass morgens die Sonne aufgeht. Niemand würde dies anzweifeln. Genauso wenig zweifelt ein essgestörter Mensch an, dass er nicht liebenswert ist. Und hier fängt die Therapie an!