Therapie-Tagebuch

Tagebuch in der Therapie

Im ersten Teil des Tagebuchs geht es um eine junge Frau, die an Magersucht erkrankt war und die ihren Weg aus dieser geheimnisvollen und gefährlichen Erkrankung herausgefunden hat und nun vollkommen gesund wieder ihr Leben genießen kann.

Sie lässt die Leser Einblicke in Ihre Therapieaufzeichnungen nehmen und erklärt ihre Gedanken und Gefühle, die sie die Therapie über begleitet haben.

Im zweiten Teil des Tagebuchs werden Therapieaufzeichnungen von mehreren Patienten dargestellt, anhand dessen man die „geheime Sprache der Essstörungen“ verdeutlicht bekommt, in diese Gedankenwelt abtauchen darf und ebenfalls verständlich dargestellt wird, wie in der Therapie die wahre innere Stimme der Patienten immer größer wird und über die erkrankte, negative Stimme durch Objektivität siegen wird.

Februar 2009

März 2009

Hilfe bei Magersucht: Für Betroffene und Angehörige, Ich bin nicht die Stimme!

Die Stimme

Meine Grundsäulen in der Therapie sind: die täglichen Therapiestunden, Essen (regelmäßig) und…

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Wo/Wie merke ich meine Erkrankung? In welcher Situation beeinflusst sie mich?

PATIENT/-IN
FRAGEN DER THERAPEUTEN
Wenn mich jmd. spontan fragt, ob ich etwas unternehmen will schaue ich erst, ob das mit meinen Essenszeiten kollidiert
Was würde passieren, wenn es kollidiert? Stell dir vor, du gehst mit. Was wäre so schlimm, dass du es nicht aushälst?
Wenn ich abends feiern gehe, kann ich nicht so lange ausgehen, weil ich früh aufstehen muss um Sport zu machen und mir mein Essen zu verdienen
Welcher Mensch muss sich das Essen verdienen und warum?
Ich kann nicht bei Freunden übernachten oder spontan über Nacht auf ein Konzert (oder anderes) fahren, weil ich ja morgens meinen genauen, immer gleichen Plan durchziehen muss
Wer sagt das? Möchtest du ewig dein Leben von einem Plan bestimmen lassen?
Ich habe bisher in meinem Leben vor jeder Prüfung das Gefühl nicht gut genug zu sein und bin davon überzeugt, zu scheitern. Ich traue mir nichts zu und kann nicht in meine Leistung vertrauen.
Bist du je schon einmal durch eine Prüfung gefallen?
Ich habe so Panik davor jmd anderen nah an mich heran zu lassen, weil ich Angst habe, er könnte merken, was für ein schlechter, blöder, langweiliger Mensch ich bin. Ich habe bisher jede Beziehung /Partner weggestoßen oder verweigert.
Wie kommst du darauf, dass du ein schlechter, blöder und langweiliger Mensch bist? Hat das schon einmal jemand zu dir gesagt? Was war denn das schlechteste, was du jemals bisher in deinem Leben gemacht hast?
Alltagssituationen: Einkaufen: ich schaue mir Sachen an, die ich gerne essen würde, lege sie wieder zurück, nehme sie wieder, gucke auf die Kalorien, lege sie wieder zurück…. Das macht mich traurig, weil ich nie ohne mir Gedanken zu machen, etwas genießen kann
Was genau denkst du in diesen Situationen? Warum darfst du dir die Sachen nicht nehmen? Was würde denn passieren, wenn du es dir „erlauben“ würdest?
Ich bin ständig ruhelos, muss immer etwas erledigen, arbeiten oder putzen Erst wenn ich extrem viel an einem Tag gemacht habe, darf ich es mir erlauben, mich hinzulegen oder auszuruhen.
Wer bestimmt denn über deinen Tag? Wer sagt, dass du erst arbeiten musst, um dich auszuruhen? Gibt es ein Gesetz?
Ich traue mich nicht, meine Struktur zu verlassen und neues auszuprobieren. Die Struktur gibt mir Kontrolle und Sicherheit.
Die Struktur quält dich und hält dich von vielen Sachen im Leben ab. Die Kontrolle ist trügerisch. Nicht du sondern deine Krankheit kontrolliert dich.
Ich traue mich nie, meine Meinung zu sagen, weil ich Angst habe, dass mich die Anderen dann nicht mehr mögen.

Aufgabe der Therapeutin : Mach 1 Tag gar keinen Sport

Notizen der Patientin:

Ich muss, muss, muss Sport machen. Das ist das Gesetz! Ohne Sport habe ich mir kein Essen verdient. Ich werde fett. Ich kann ohne Sport nicht leben! Ich habe Angst, ich bekomme Panik. Ich will Sport machen.

Sandra hat mir aber die Aufgabe gegeben, einen Tag keinen Sport zu machen.

Wenn ich das schaffen würde, hätte ich einen Riesenfortschritt gemacht. Ich versuche, mich so wenig wie möglich damit auseinander zu setzen. Ich versuche es zu verdrängen.
Ich kann doch meine Struktur nicht aufgeben, was würde dann passieren?

Als meine Sportzeit beginnt, tue ich so, als hätte es die Aufgabe nie gegeben und mache meinen Sport. Danach fühle ich mich erleichtert, denn nun darf ich etwas essen und habe meine eigene Aufgabe erledigt. Dann bin ich aber sauer und enttäuscht. Ich habe es nicht geschafft! Ich rede mir ein, dass die Aufgabe einfach zu schwer war.

Ich werde es nie schaffen!

Am nächsten Tag nehme ich es mir wieder vor:

Ich nehme mir vor, nur die Hälfte meines Sportes zu machen. Ich werde nervös und unruhig. Bekomme ein ungutes Gefühl und überlege, ob ich nicht doch einfach den ganzen Sport machen soll. Ich habe solche Angst, „meine“ Struktur zu durchbrechen. Ohne Sport werde ich dick und faul.

Das stimmt doch nicht. Viele Menschen machen keinen Sport und essen normal und werden nicht fett.

In der Zeit, als ich anfing abzunehmen, habe ich auch noch keinen Sport gemacht und habe ja sogar abgenommen.

Ich habe Angst, dass ich den ganzen Tag nun unruhig bin, ein schlechtes Gewissen habe und dann doch dem Drang nachgebe und Sport mache.

Du willst doch die Krankheit besiegen, also musst du dich der Angst stellen und diese Gefühle aushalten. Vielleicht siehst du am Ende des Tages, dass die Welt nicht untergegangen ist.

Du schaffst das! Sandra hat dir auch Tips gegeben und glaubt an dich. Lenk dich ab oder schreibe deine Gedanken auf und gib der Krankheit nicht nach.

Wieso solltest du ein schlechtes Gewissen haben? Du könntest doch auch stolz auf dich sein, weil du es geschafft hast!

Du weißt ganz tief im Inneren, dass es unlogisch ist, durch einen Tag keinen Sport zu machen, dick und fett zu werden. Außerdem bist du viel zu dünn, also würde rational gesehen es eher positiv für dich sein!